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Das Bildnis der Stiertotung im Mithraskult Rahlf Hansen, Christine Rink Verschiedene romische Kulte haben besondere Bezilge zur Astronomie. In der AuBendarstellung zeigt sich dies fur die Zeitgenossen am ehesten in den entsprechenden Kunstwerken. Sie stellen eine popularisierende Kurzform des Kultes dar. Ein schones Beispiel dafur ist der Mithraskult. Ende des 1. Jhd. taucht er mit vielen astronomischen Bezilgen auf. Der Name verweist auf den persischen Sonnengott Mithra. In Persien gab es den Sonnengott Mithra aber keinen Kult, der dem spateren romischen ahnelte. Merkelbach vermutet eine Schopfung des Kultes aus dem Umfeld des Kaiserhauses. Wir sehen die Idee des Kultes in Verbindung mit dem Zug des Tiridates. Der neue armenische Herrscher zog mit einem Gefolge von tausenden parthischen Reitern <lurch das romische Reich. Im goldgeschmuckten Rom warf er sich Nero zu Fiillen, verehrte ihn als seinen Gott Mithra und erhielt von Nero seine Herrschaft. Durch diesen Propagandacoup konnte ein drohender Krieg zwischen Rom und Parthien um die Herrschaft in Armenien verhindert werden. Als Zeichen der Verbundenheit zwischen den beiden Volkern konnte es eine Absprache gegeben haben, dass auch ein persischer Gott in Rom verehrt werden sollte. Abb.2 Ratsel gibt das Kultbild des stiertotenden Mithras auf. Aus der persischen Mythologie !asst sich dieses Bild nicht verstehen - aber aus der romischen Kaiserpropaganda: Seit Julius Caesar verbanden die romischen Herrscher ihre Macht zunehmend mit der Sonne. So wurde der agyptische Sonnenkalender <lurch Caesar in Rom eingefuhrt. Aber statt sich an den vierjahrigen Schaltzyklus zu halten wurde schon alle drei Jahre geschaltet, so wie man es vom Mondsonnenkalender gewohnt war. Hier zeigen sich konservative Beharrungskrafte. Caesar wurde aber trotzdem mit ,,seinem" Monat Juli geehrt. Nach einem langen Bfugerkrieg setzte sich sein Adoptivsohn Oktavian, der spater Augustus genannt wurde, <lurch. Augustus opferte dem SonnengottApoll nach seinem entscheidenden Sieg in Actium und errichtete einen agyptischen Obelisken als Siegeszeichen und Zeiger einer Sonnenjahresuhr in Rom. Er korrigierte auch den falschen Schaltungszyklus, indem er mehrere Schaltungen ausfallen lieB und dann den richtigen vierjahrigen Rhythmus auch durchsetzte. Der Monatsname August erinnert als Ehrung an diese kleine Kalenderreform. Nero empting Tiridates als Sonnengott verkleidet und verhinderte durch einen geschickten diplomatischen Schachzug einen Krieg mit dem Rivalen Persien. Aurelian schlieBlich fuhrte im 3. Jhd. den 25.12. als Feiertag des unbesiegbaren Sonnengottes in Rom ein. Die Sonne entwickelte sich zunehmend zum wichtigsten Gott im Kaiserreich und es vollzog sich eine Wende von einer polytheistischen zu einer henotheistischen Gotterwelt. Der Weg fur das aufsteigende Christentum und zum Monotheismus war geebnet. Im Mithrasrelief (Abb. 1) totet der Sonnengott einen Stier, der zu einer ( dicken) Mondsichel gekrtimmt ist. Das Bildnis ist voll von astralen Anspielungen. Es wird haufig von dem Tierkreis eingerahmt und die beteiligten Tiere bilden teilweise den Himmelsaquator ab. Tierkreis und Himmelsaquator zusammen symbolisieren den ganzen Kosmos, der vom Sonnengott beherrscht wird. Im Kalenderwesen lost die Sonne die Trias Sonne, Mond und Sterne ab. In einer babylonischen Schaltregel, die sich weiter Verbreitung erfreute, wird aus der Dicke der Mondsichel bei den Plejaden im Sternbild Stier im vermeintlichen Fruhlingsmonat auf die Notwendigkeit der Einschaltung eines Monats geschlossen (Abb. 2). Damit regeln Sonne, Mond und Sterne (insbesondere die Plejaden) den Kalender und darnit die Ordnung des Himmels. Diese Reglung war aber um 500 v. Chr. ins Wanken geraten. Durch die Prazession der Erdachse wanderte die Gilltigkeit der Schaltregel langsam aus dem Fruhlingsmonat Richtung Sommer. Eine Anpassung der Schaltregel im Fruhlingsmonat hatte zu einer dickeren Mondsichel gefuhrt, als in der babylonischen Uberlieferung angegeben. Misst man die Kultbilder des Mithras aus, so ergeben sich recht einheitliche ,,Dicken" der Mondsicheln aus dem Stierkopern (Abb. 3). Umgerechnet in das Mondalter entsprechen sie einer Monddicke, die man hatte angepasst in dieser Zeit fur die babylonische Schaltregel nutzen mussen - was aber fur alle Kundigen eindeutig falsch gewesen ware. Damit symbolisiert das Kultbild dem Eingeweihten die ,,fallende" Schaltregel und somit das Versagen der Trias Mond, Sonne und Sterne. Nur noch auf die Sonne allein war Verlass. Der stiertotende Sonnengott Mithras totet seine Konkurrenten und macht somit den Wechsel im Kalender und Gotterhimmel fur alle sichtbar (Abb. 4). Somit untersfiltzt der Mithraskult die Oberhoheit der Sonne uber alle anderen Gotter und somit auch die Legitimitat der Kaiser, die sich zunehmend auf die Sonne beriefen. So wie die Sonne den Kosmos ordnet, tut dies auch der Kaiser aufErden. Der Mithraskult wurde so fur die Herrschaft der Kaiser vereinnahmt das Mithrasrelief trug als kalendarisches Propagandamittel seinen Teil dazu bei. Literatur: Clauss, Manfred: Mithras - Kult und Mysterium. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft 2012. Hansen, Rahlf: Antike Sonnenkulte. In: Wittmann, Axel D.; Wolfschmidt, Gudrun und Hilmar Duerbeck (Hg.): Development of Solar Research- Entwicklung der Sonnenforschung. Proceedings of the Colloquium. Freiburg (Breisgau), September 15, 2003. Frankfurt am Main: Harri Deutsch (Acta Historica Astronomiae; Vol. 25) 2005, S. 66-91. Hansen, Rahlf: Der Stern von Bethlehem und Persien. In: Wolfschmidt, Gudrun (Hg.): Sonne, Mond und Steme - Meilensteine der Astronomiegeschichte. Zurn I00jahrigen Jubilaum der Hamburger Sternwarte in Bergedorf. Hamburg: tredition (Nuncius Hamburgensis - Beitrage zur Geschichte der Naturwissenschaften, Band 29) 2013, S. 161-177. Hansen, Rahlf und Christine Rink: Kai ender und Finsternisse - einige Oberlegungen zur bronzezeitlichen Astronomie. In: Prahistorische Astronornie und Ethnoastronornie. Hg. von Gudrun Wolfschmidt. Hamburg: Books on Demand (Nuncius Hamburgensis; Band 8) 2008b, S. 130-167. Merkelbach, Reinhold: Mithras. Konigstein, Taunus: Hain 1984. Abb. 1: © R. Hansen, Abb. 2: © K. Schauer, Abb. 3 und 4: © R. Merkelbach.